Montag, 7. November 2005

>> HipHop

Curse – Sinnflut (subword records)

Die Bombe ist geplatzt. Mindens Finest kommt endlich mit neuem Material zurück – „Sinnflut“ heißt das Baby. Den Großteil der Produktion haben Sashliq und Claud auf der Uhr, und zusammen mit Beats von Pete Rock, D/R Period, Roey Marquis II & Monroe prägen Soul und Tiefe das Album. Homogener als der Vorgänger, liegt der Fokus diesmal weniger auf stilistischen Experimenten, dafür um so mehr auf den Lyrics: Storytelling, Inhalt, Flow. Der tiefsinnige und tiefstimmige MC macht gute Reime zum bösen Spiel und leitet den geneigten Hörer von einem Song zum nächsten. Nach seinem Einklang kommt der Curse – also „Der Fluch“ – nur damit, dass ihr wisst, wer zurück am Mic ist. Die erste Single „Gangsta Rap” ist ein Statement und die sicher direkteste Reaktion auf die Entwicklung und das Ungleichgewicht in der deutschen HipHop-Szene, in der es anstatt um Skills, Inhalt und Musik anscheinend nur noch um Image, Beef und die größte Kontroverse geht. Als Beweis seiner Behauptung, kein Hater oder Anti-Typ zu sein, scheint „Show Love“ mit Vanessa Mason zu fungieren. Curse ist nicht nur der erste Solo-MC Deutschlands mit vier Alben, sondern auch der erste Europäer, der mit Pete Rock zusammengearbeitet hat, und bei „Alles hat seinen Preis“ konnte Curse ihn noch dazu überreden, die Hookline zu singen. In „Kein Weg zurück“ spricht er von seinen Fehlern, bei „Struggle“ (feat. Samir) geht Curse aus eigenen Erfahrungen schöpfend gegen die Perspektivlosigkeit der Jugend an. „Links Rechts” ist ein entspannt hörbares Konzept mit Italo Reno, das in zwei Strophen zwei unterschiedliche Charaktere darstellt, die im Abstand von wenigen Minuten dieselben Orte passieren. „Heilung“ ist melancholische Selbstreflexion, und im neun-minütigen „Herbstwind” erzählt Curse in drei Akten die Geschichte einer auf zwei Kontinenten spielenden Beziehung, die zum Scheitern verurteilt zu sein scheint. „Spiritual” (feat. Patrice) und „Münze des Glücks” sind etwas introvertierter, „Broken Language Reloaded” überstrahlt – endlich mit Samy Deluxe! – (fast) alles, und wer auf Selbstironie steht: „Ich bin schuld“, was ich derzeit am liebsten höre! Als Zugabe an die Techniker sind in „C.U.R.S.E.“, einer Ballade mit Vanessa Mason & Larissa, die ersten Double-Time-Raps zu hören, „Flutlicht“ mit einem Feature von Black Thought besticht durch überzeugenden Flow über einen fröhlichen Pfeif-Loop und coole Beats. „24” lässt die Nacht eines One-Night-Stands filmisch am Hörer vorbei ziehen und demonstriert die Relativität von Zeit und Glück. Ein erstklassiges Finale wird mit „Mein Leben“ und dem „Outro“ geboten. So reif, musikalisch, abwechslungsreich, mutig und innovativ klang Curse noch nie! – Ein großartige Sinnflut mit intelligent umgesetzten Stories und Bildern in perfekter Soundästhetik!

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