Donnerstag, 2. November 2006

Blumentopf: Musikmaschine (four music)

>> HipHop

Mit ihren WM-RAPortagen (ca. 2minütige Raps zu jedem Deutschlandspiel), welche von der ARD zum Teil noch an dem Tag des Spieles ausgestrahlt wurden, haben sich die fünf Münchener auf eine imposante Art und Weise zurückgemeldet. Diese Beiträge wurden als Song verpackt und erschienen passend zum Beginn der Bundesliga auf der ersten, selbstironischen Single „Horst“ des neuen Albums. Vor zehn Jahren legten sie mit ihrer legendären und mittlerweile verzweifelt gesuchten „Abhängen“-EP den Grundstein für das, was wir heute feiern: Ein ganzes Jahrzehnt kreativer Output auf schwarzem Vinyl und silbernem Plastik, der seinesgleichen sucht. Und sie halten in und durch ihre Musik einen Vibe am Leben, der in HipHop-Deutschland schon fast in Vergessenheit geraten ist: den positiven! Ohne beschwerende Kopflastigkeit, ohne nach Charts schielendem Kalkül, klischeefrei, unglaublich facettenreich und open-minded! Der Titel ihres fünften Albums – Musikmaschine – trägt dem Inhalt kaum Rechnung. Die Jungs haben den Topf-Sound modifiziert, ohne das aus den Augen zu verlieren, was sie über die Jahre hinweg so wichtig für das ganze Genre und nicht zuletzt so beliebt gemacht hat. Hier vertontes Skateboardschreddern, da eine Komposition aus Spielkonsolengeräuschen und dann wieder Gitarrengeschrammel, das sich mit einer ordentlichen Portion Funk an synthetische Sounds schmiegt. Auf der Suche nach Input scheint das genreübergreifende Einfallsreichtum von DJ Sepalot und seinen Mitstreitern grenzenlos zu sein. Nach dem Intro geht auf jeden Fall noch „mehr“. Zusammen mit Clueso gibt’s „Lass Die Show“ für alle Blender und Profilierungsneurotiker. Und auch die Töpfe wollen und bringen „Gute Musik“. Kinder der Nacht werden aktiv, wenn „Die City Schläft“, ein amüsantes Interlude ist „Wie Soll Ich’s Dir Erklären?“, weil deine Alte nervt, und ja – die „Profis“ sind verspielt. „Ach So“ ist wieder einer dieser Tracks, den ich bei Gelegenheit irgendeiner Ex-Freundin zu Weihnachten schenken könnte. Dagegen könnte „Chin Chin“ ein neues Liedchen zum Vorglühen werden. Nach einem zu talentierten Holunder Skit und einem neurotischen Song über Zeitfanatismus werden mit dem balladesquen „Du Und Ich“ auch mal ruhigere Töne angeschlagen, die jeden tief berühren, der vom Leben Ahnung hat. Und man muss seinen Hut vor Schu und Johanna ziehen, die es geschafft haben, das Ende einer Beziehung mit derartiger Grandeur, fast schon schmerzhaft – weil so wahr – durchseziert zu haben. „Was Du Brauchst“, ist smoother Electro mit Piano Lines und beruhigendem Rap. Wer dem Charme und der Ironie des Topfes bereits erlegen ist, wird sich über „Platz 80“ freuen, denn das sind die Jungs in Reinform und provoziert breites Grinsen. Und nach der wundervollen Skater-Ballade „Die Bretter, Die Die Welt Bedeuten“ und dem relaxten „Ruhetag“ ist klar: Die „Musikmaschine“ wird nicht nur eine der treuesten Fangemeinden der hiesigen Musikszene in ihrem Glauben bestätigen, sondern auch wieder über alle Genregrenzen hinaus kräftig Werbung für sich selbst und den deutschsprachigen Rap im Allgemeinen machen.

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