Dienstag, 8. April 2008

Die Geheimnisse des pH-Wertes

Die meisten IndoorliebhaberInnen wissen, dass der richtige pH-Wert einer der Hauptfaktoren für eine ertragreiche Ernte ist. Was aber steckt genau dahinter? Damit der pH-Wert nicht nur ein bloßes Zahlenspiel bleibt, hat das Team von CannaResearch einmal eine detaillierte Übersicht erstellt, was es mit dem pH-Wert eigentlich auf sich hat.

Der Säuregrad
Der Säuregrad ist von grundlegender Bedeutung für das irdische Leben, er bestimmt die Eigenschaften, die Qualität, die Absorption und die Löslichkeit vieler Stoffe. So verrichten zum Beispiel Enzyme, die für fast alle biologischen Prozesse in den Organismen verantwortlich sind, ihre Arbeit nur im richtigen Säurebereich [1]. Eine leichte Abweichung des Säuregrads kann verhängnisvoll sein.

Was ist der pH-Wert?
Der pH-Wert (pondus Hydrogenii) ist eine andere Bezeichnung für den Säuregrad einer Lösung [2].
Je saurer die Lösung ist, desto geringer ist ihr pH-Wert. Der pH-Wert kann zwischen 0 und 14 liegen und wird nicht mit einer Maßeinheit bezeichnet.
Eine Lösung mit einem PH-Wert von 0 bis 7 ist sauer, eine Lösung mit einem pH-Wert von 7 bis 14 alkalisch. Essig und Coca Cola weisen einen pH-Wert unter 3 auf, Soda und Seife einen pH-Wert über 8. Eine Lösung mit einem pH-Wert von 7 wird als neutral bezeichnet. Reines Wasser hat bei 22 C° einen pH-Wert von 7. Leitungswasser hat aufgrund seines Kalziumgehalts normalerweise einen etwas höheren pH-Wert.
Viele natürliche Milieus, wie die menschliche Haut, Erde oder Anbausubstrate, sind leicht sauer und weisen einen pH-Wert zwischen 5,0 und 6,5 auf. Was ihre Ernährung angeht, bevorzugen die meisten Menschen leicht saure Substanzen, oder neutrale wie das Wasser. Gleiches gilt für die Pflanzen. In der Natur ist ein pH-Wert um 5,5 so weit verbreitet, dass er von manchen Botanikern als „neutral“ betrachtet wird.

Warum ist der Säuregrad so wichtig?
Der Säuregrad hat starken Einfluss auf die Absorption und Löslichkeit bestimmter Nährstoffe (siehe Grafik 1).
Zudem ist er von entscheidender Bedeutung für die Struktur, den Zerfall organischer Substanzen und das Mikroleben in der Erde und beeinflusst den Abbau von Nährstoffen, Schwermetallen und Pestiziden im Boden.
Symptome bei einem zu niedrigen pH-Wert (zu saurer Boden):
– Der Boden ist fast immer warm.
– Die Ausbildung von Leben im Boden ist gehemmt.
– Einige Nährstoffe, wie Magnesium, Eisen und Aluminium, lösen sich besser, was zu einer Vergiftung der Wurzelumgebung führen kann.
– Ein beschleunigter Abbau von Substanzen kann zu einem Mangel an Phosphor, Kalium, Magnesium und Molybdän führen [3].
– Magnesiummangel, vor allem bei Freilanderde.
– Molybdänmangel, vor allem bei Topferde.
Symptome bei einem zu hohen pH-Wert:
– Die meisten Nährstoffe lösen sich schlechter. Dies kann die Ausfällung von Kalzium-, Eisen- und Phosphatverbindungen verursachen.
– Eine verringerte Absorption, vor allem von Mangan, Phosphat und Eisen, aber auch von Kupfer, Zink und Bor. Dies führt zu Mangelerscheinungen, besonders bei feuchten und kalten Anbausubstraten (siehe Grafik 1).
– Beschleunigte Zersetzung organischen Materials in sandigen Böden.

Wovon hängt der pH-Wert ab?
Zu den wesentlichen Faktoren, die den pH-Wert und seine Entwicklung in einer Lösung oder im Boden bestimmen, gehört das Puffervermögen. Das Puffervermögen bezeichnet in diesem Zusammenhang ein bestimmtes Gleichgewicht, das sich ständig einstellt. Fügt man zu einem Liter Leitungswasser mit einem pH-Wert von 7 einen Tropfen Säure hinzu, dann beeinflusst das den Säuregrad kaum. Gibt man jedoch einen Tropfen Säure in einen Liter destilliertes Wasser (Batteriewasser), so führt dies zu einem drastischen Absinken des pH-Wertes. Dies rührt daher, dass Leitungswasser Bikarbonat enthält und destilliertes Wasser nicht. Bikarbonat ist die wichtigste Puffersubstanz für pH-Werte zwischen 5,5 und 7,5 in Wasser [4].
Das Bikarbonat verbindet sich in der Lösung mit der Säure, und bei diesem Vorgang wird Kohlendioxid an die Luft abgegeben. So wird die Säure neutralisiert, und die Schwankungen des Säuregrads bleiben gering, solange Bikarbonat vorhanden ist. Bei einem pH-Wert von 5,3 ist das gesamte Bikarbonat gebunden und keine Puffersubstanz mehr vorhanden. Der pH-Wert ist jetzt instabil und sinkt sofort ab, wenn mehr Säure hinzugefügt wird (siehe Grafik 1). Die für den gewünschten Säuregrad einer Nährstofflösung erforderliche Säuremenge wird deshalb abhängig vom Bikarbonatgehalt errechnet. Die Wasserversorgungswerke geben den Bikarbonatgehalt des Leitungswassers in der Regel in Milligramm pro Liter an [5].
Das Puffervermögen und der Säuregrad des Bodens hängen von seiner Zusammensetzung und Frische ab. Der pH-Wert wird im Allgemeinen durch die Anwesenheit von organischem Material, Kalzium und Bikarbonat bestimmt. Tonhaltige Erde enthält immer Kalziumkarbonat und weist deshalb einen verhältnismäßig hohen pH-Wert auf, der schwer zu beeinflussen ist. Torf und sandige Böden hingegen sind sauer [6].
Auch die Pflanzen selbst haben großen Einfluss auf den Säuregrad. Je nach Entwicklungsphase der Kultur, der Düngerverabreichung, den Temperaturschwankungen in der Wurzelumgebung und der Lichtintensität geben die Wurzeln saure oder alkalische Substanzen ab. Deshalb kann sich der pH-Wert der Wurzelumgebung ständig ändern. Durch ein gut überlegtes Gleichgewicht während der verschiedenen Entwicklungsphasen kann der pH-Wert in der Wurzelumgebung innerhalb der akzeptablen Grenzen gehalten werden.
Auch das Mikroleben, die CO²-Konzentration in der Umgebungsluft und das Algenwachstum können den Säuregrad in der Wurzelumgebung und im Nährstoffbehälter beeinflussen [7].
Wie kann der pH-Wert gemessen werden?
Mit pH-Indikatoren, wie Lackmuspapier oder pH-Teststreifen: Diese sind günstig, aber nicht immer sehr genau; es können Abweichungen von 1 bis 2 pH-Einheiten auftreten. Oder mit digitalen pH-Messgeräten: Diese Geräte sind normalerweise wesentlich teurer; ihre Genauigkeit hängt vom Gerätetyp und von der regelmäßigen Kalibrierung mit Standard-Pufferlösungen ab.
Probenentnahme:
Der pH-Wert des Gießwassers ist für die Nährstoffaufnahme der Pflanzen durchaus wichtig, von essentieller Bedeutung jedoch ist der Säuregrad in der Wurzelumgebung. Für eine verlässliche Messung des pH-Wertes ist eine korrekte Probenentnahme unerlässlich. Die Probe muss repräsentativ für den mittleren Säuregrad in der Wurzelumgebung sein.
In Rezirkulationssystemen wird die Messung in der umlaufenden Lösung (Tank) vorgenommen.
In Substratsystemen ohne Rezirkulation wird die Nährstofflösung an verschiedenen Stellen des Substrats (Steinwolle, Agrofoam) entnommen. Die genauen Stellen, an denen die Proben entnommen werden sollten, werden von den Experten seit Jahren diskutiert. Wir empfehlen, die Proben im Bereich der Wurzeln zu entnehmen, also unterhalb und in der Umgebung der Tropfdüsen. Entnehmen Sie kleine Proben an möglichst vielen Stellen und immer zur gleichen Uhrzeit, vorzugsweise nach der zweiten Dosierung des Lichtzyklus (Tag).
Erfolgt der Anbau in Erde, Kokos- oder Torfsubstrat, dann wird an verschiedenen Stellen ein wenig Material entnommen. Der Säuregrad lässt sich leicht feststellen, indem man etwas entmineralisiertes Wasser zur Probe gibt, diese umrührt, einige Stunden ruhen lässt und anschließend die Messung vornimmt. Wenn Sie eine genauere Messung wünschen und auch die Nährstoffkonzentration messen möchten, so führen Sie die Messung am besten nach der „1:1,5-Extraktionsmethode“ durch. Dies können Sie problemlos selbst tun, indem Sie die Erde befeuchten (und durchkneten), bis Ihnen (bei festen Drücken) das Wasser durch die Finger tropft.
Danach nehmen Sie einem Messbecher mit einem Volumen von 250 ml und füllen ihn bis zur 150 ml-Markierung mit entmineralisiertem Wasser. Nun geben Sie so viel von der befeuchteten Erde hinzu, dass die 250 ml-Markierung erreicht wird, rühren das Ganze gut um und lassen es einige Stunden ruhen (siehe Bild). Dann filtern Sie die Erde heraus und führen die Messung durch.
Der korrekte PH-Wert für jedes Substrat
Für den Anbau auf Substrat werden pH-Werte verwendet, die in der Wurzelumgebung zwischen 5,0 und 6,4 schwanken. Bei geringfügig niedrigeren oder höheren Werten entstehen noch keine schädlichen Auswirkungen. Diese zeigen sich jedoch bei Werten unter 4 und über 8. Bei pH-Werten unter 4 werden die Wurzeln sofort geschädigt. Außerdem lösen sich Schwermetalle, wie Mangan oder Eisen, so gut, dass sie zu einer Vergiftung der Pflanzen (Nekrosen) führen können. Werte zwischen 7 und 8 sind für die Pflanzen nicht unmittelbar schädlich. Allerdings sind Nährstoffe wie Eisen, Phosphat und Mangan unter diesen Bedingungen viel schwieriger zu assimilieren, was mit der Zeit zu Mangelerscheinungen (Chlorose und Wachstumsstörungen) führt.
Wie kann der pH-Wert korrigiert werden?
Wenn sich der Säuregrad in der Wurzelumgebung zwischen 5,3 und 6,0 bewegt, ist es nicht notwendig, besondere Maßnahmen zu ergreifen. Korrigieren Sie den pH-Wert so selten wie möglich! Zu häufige Korrekturen schaden mehr als sie nützen, denn die Pflanzen benötigen Ruhe. Wichtig ist die langfristige Entwicklung des Säuregrads. Wenn der pH-Wert unter 5,0 sinkt oder über 6,4 steigt, empfiehlt es sich, mit einer allmählichen Korrektur zu beginnen (Grafik 2).
Die einfachste Art, den Säuregrad zu korrigieren, besteht darin, den pH-Wert der Nährstofflösung mit Salpetersäure (während der Wachstumsphase) oder Phosphorsäure (während der Blütephase) zu reduzieren oder mit Kaliumhydroxid (Ätzkali) oder Kaliumbikarbonat zu erhöhen. Alternativ können organische Säuren, wie Zitronensäure, oder Substanzen, die die Pflanzen dazu anregen, Säuren zu produzieren und diese über die Wurzeln abzusondern, wie Harnstoff oder Ammoniumnitrat, zum Reduzieren des pH-Wertes eingesetzt werden. Als Alternativen für die Steigerung des pH-Wertes stehen unter anderem Soda[8] und CANNA Rhizotonic zur Verfügung oder – für Topferde – die Zugabe von fein gemahlenem Kalk vor ihrer Verwendung.
Sorgen Sie dafür, dass der pH-Wert der verabreichten Lösung möglichst nicht unter 5,0 sinkt. Bei niedrigeren Werten werden die Fasern der Mineralwolle angegriffen, und es werden erhebliche Mengen an alkalischem Material freigesetzt. Außerdem ist der pH-Wert wegen der Abwesenheit von Bikarbonat wesentlich schwieriger zu kontrollieren.
Ein hoher pH-Wert in der Wurzelumgebung kann auch von einer Akkumulation von Bikarbonat herrühren. Machen Sie eine Dränage von 20 %, oder spülen Sie das Substrat mit einer angesäuerten Lösung.

Es kann sich als sehr praktisch erweisen, die gemessenen pH-Werte zu notieren, und zwar sowohl die Werte der hinzugefügten Lösung als auch die der Nährstofflösung im Substrat. Auf diese Weise erhalten Sie ein genaues Bild von der Entwicklung des pH-Wertes und von der Wirkung der ergriffenen Maßnahmen.
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Fußnoten:
[1] Die proteolytischen (Eiweiß abbauenden) Enzyme benötigen ein saures Milieu (Magensäure), die amylolytischen Enzyme ein alkalisches Milieu (Speichel).

[2] Der Säuregrad einer Lösung wird vom Verhältnis von Wasserstoffionen (=sauer) und Hydroxidionen (=alkalisch) bestimmt.

[3] Mängel können sich ergeben, wenn die Pflanze Protonen abführen (freisetzen) muss, um diese Moleküle aufnehmen zu können. Dies gilt vor allem für Erde mit einem niedrigen pH-Wert, in der schon viele dieser Protonen enthalten sind. Außerdem kommt es zu einem Abbau dieser Elemente, weil die Protonen die Moleküle von den Bindungsstellen im Substrat verdrängen.

[4] Das Bikarbonat ist in Verbindung mit dem Kalk für die Ablagerungen verantwortlich. In Verbindung mit Natrium wird Bikarbonat unter anderem als Medikament gegen einen Überschuss an Magensäure verwendet (Alka-Seltzer).

[5] Einige Labore geben mitunter auch die Bikarbonathärte an. Um diese auf den Gehalt an Bikarbonat in mg/l umzurechen, muss der Wert der Bikarbonathärte mit 21,8 multipliziert werden. Berechnungsbeispiel: Wenn die Bikarbonathärte 11 beträgt, enthält 1 Liter Wasser (11 x 21,8=) 240 mg/l Bikarbonat.

[6] Sandige Erde:
Weideland: pH 4,6…5,2;
Ackerland :pH 5,0…5,6
Ton:
Meereston pH 6,0…7,2;
Flusston pH 6,2…6,4
Torf: unbehandelt pH 4

[7] Bei Algenwachstum steigt der pH-Wert, weil der Lösung Kohlensäure entzogen wird. Bakterien können zum Beispiel bestimmte Stickstoffformen so umwandeln, dass sie einen säuernden Effekt haben. Ein hoher CO²-Gehalt in der Luft führt zu mehr Kohlensäure in der Nährstofflösung (und einem niedrigeren pH-Wert) und umgekehrt.

[8] Verwenden Sie Soda nur in kleinen Mengen, denn es enthält Natrium, eine Substanz, die von den Pflanzen nur in sehr geringer Menge benötigt wird und bei hohen Konzentrationen schädlich sein kann.

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