Dienstag, 9. März 2010

Hanfige Reise durch ein vereintes Europa

Als Cannabisconnaisseur oder –patient auf Reisen ist man in der heutigen schnelllebigen Welt ob der aktuellen Gesetzeslage bezüglich des geliebten Krauts oft unsicher. Ist man als Kiffer on the road in Europa, so ist es manchmal gut zu wissen, wieviel Gras man bei sich führen kann, ohne gleich eine oder mehrere Nächte Knast zu riskieren. Natürlich können sich diese Richtwerte morgen schon wieder geändert haben, die Angaben sind sozusagen ohne Gewähr:

In Großbritannien ist Cannabis augenblicklich wieder eine sogenannte ‚Class B‘ drug (nachdem es 2004-2009 auf ‚Class C‘ heruntergestuft war) und wird offiziell wieder von Polizei und Behörden verfolgt. Dieser Entschluss wurde von wissenschaftlichen Mitgliedern des Drogenrates stark kritisiert. Der Konsum ist auf den Inseln nichtsdestotrotz weit verbreitet und weitestgehend von der Bevölkerung toleriert. In Großbritannien gibt es einige Marinol-Patienten, natürliches Cannabis ist auch in der Medizin illegal.
In Norwegen wird der Besitz von bis zu 15 Gramm Marihuana mit Geldbußen belegt, Besitz von mehr als 15g oder Handel wird mit Gefängnis bestraft. Dauerkiffende Reisende sind also mit kleinerem Stash unterwegs.
Im Grunde ist in Schweden jeglicher Besitz, Erwerb und sogar der Konsum jeglicher illegaler Substanzen verboten, Zero Tolerance im als liberal geltenden Staat: Mit bis zu 50 Gramm des Krauts drohen drastische Geld- und Bewährungsstrafen. Sogar Zwangstherapien für Cannabsikonsumenten gehören hier zu den repressiven Maßnahmen. Auch der bloße Konsum ist eine Straftat. Alles, was über 50 Gramm liegt, oder gar nach Handel / Weitergabe aussieht, wird mit Gefängnisstrafen von mindestens sechs Monaten belegt. Insgesamt gesehen sind Kiffer alles andere als frei.
Beim finnischen Nachbarn werden Konsum, Besitz kleiner nicht näher definierter Mengen oder Anbau von maximal sechs Pflanzen mit recht geringen Geldbußen belegt, so auch bei Weitergabe in einem ‚kleinen Benutzerumfeld‘. Wie auch in anderen skandinavischen Ländern wird öffentlicher Handel mit Gefängnis und mit Führerscheinentzug bestraft.
Im kleinen Dänemark ist das Rauchen von Cannabis weitestgehend toleriert, offiziell jedoch ist es immer noch illegal und wurde auch in vergangenen Jahren von Polizei und Staat verfolgt und bestraft. Nach diversen Großrazzien im kleinen Freistaat Christiania mitten in Kopenhagen wurde 2004 der öffentliche Verkauf von Marihuana zwar eingeschränkt, doch besteht er weiterhin. Der Stadtrat von Kopenhagen möchte ein Coffeeshop-Modell einführen, was jedoch am Widerstand der konservativen Regierung scheitert.
In Russland gibt es keinerlei Rechtsverbindlichkeit, Geldstrafen werden direkt vor Ort und meist ohne Quittung kassiert. Allerdings kann man auch für ein Rauchpiece ein paar Tage einsitzen, je nach Polizist und dessen Laune. Bei Besitz bis zu sechs Gramm muss mit einer Geld- oder einer bis zu 15-tägigen Gefängnisstrafe gerechnet werden. Jeglicher Anbau, Handel oder Besitz von mehr als sechs Gramm wird prinzipiell mit Gefängnis bestraft. Hanfaktivismus ist dort weitaus nötiger, aber auch gefährlicher als anderswo.
Im sonnigen Portugal ist der Konsum von bis zu 2,5 Gramm Marihuana täglich toleriert. Auch die Vorratshaltung wird berücksichtigt und als persönlicher Bedarf gilt ein Vorrat für zehn Tage, im Grunde also 25 Gramm. Mehr wird als sogenanntes ‚Trafficking‘ angesehen wie auch der Anbau nur einer einzigen Cannabispflanze. Trotz allem scheinen Head- und Growshops in Portugal wie Pilze aus dem Boden zu sprießen und dementsprechend natürlich auch die Home- und Guerillagrower.
Im benachbarten Spanien hingegen wird beim Besitz und Konsum oft weg geschaut und höchstens mit einem geringen Bußgeld und der Konfiszierung bestraft. Der Anbau für privaten Gebrauch in den eigenen vier Wänden wird toleriert, solange kein Handel betrieben wird. Des Weiteren sind Cannabis Social Clubs unter Auflagen in Spanien erlaubt und Mitglieder können gegen eine Mitgliedsgebühr und ähnlichen Preisen wie auf dem Schwarzmarkt Cannabis straffrei erwerben.
In Belgien kann man bis zu drei Cannabispflanzen pro Haushalt anbauen (oder eine pro Person), ohne als Straftäter zu gelten. Auch Cannabis Social Clubs haben sich hier bereits gebildet. Besitz und Genuss von kleinen Mengen von bis zu drei Gramm wird bei Erwachsenen toleriert, solange sie ‚ihrem Umfeld keine Probleme zufügen‘. Allgemein ist Cannabisbesitz zum Eigenverbrauch bei Polizei und Staatanwaltschaften von geringster Priorität.
In den Niederlanden ist Cannabis zwar auch nicht legal, der Verkauf wird jedoch unter Auflagen der Regierung in Coffeeshops toleriert. Der Besitz von fünf Gramm Marihuanablüten ist straffrei, es sei denn man verhält sich auffällig in der Öffentlichkeit. Ebenso kann man zu Hause bis zu fünf Pflanzen für den Eigenbedarf anbauen, ohne mit Strafverfolgung rechnen zu müssen. Andere Arten des Handels auf dem Schwarzmarkt werden verfolgt. Medizinale Cannabispatienten können ihr grünes Kraut ganz legal von der Regierung erwerben, doch sind die Preise der Coffeeshops oft sogar geringer.
Im Fürstentum Liechtenstein befürwortet man die Legalisierung von Cannabis. Würde eines der deutschsprachigen Nachbarländer Österreich oder Schweiz Cannabis legalisieren, zöge Liechtenstein umgehend nach. Als Kiffer in dem Mikrostaat Europas braucht man sich nicht allzu große Gedanken machen. Handel kann jedoch bestraft werden.
In der Schweiz ist Cannabis zur Drogengewinnung offiziell illegal, ist jedoch sehr weit verbreitet und wird aufgrund der Masse nicht konsequent von den Behörden verfolgt. Nach der Zeit des Duftsäckchenverkaufs mit Cannabisblüten in den Jahren 1994 -2003 wird der Handel wieder streng verfolgt. Nach der Ablehnung der Hanfintiative im Jahr 2008 ist die Schweiz gerade dabei, ein Ordnungsbußenmodell einzuführen, das sich im Kanton St. Gallen als Modellversuch „bewährt habe“. Genau definierte „Geringe Mengen“ wie in Deutschland gibt es (noch) nicht. Cannabis soll auch als natürliche Medizin zugänglich gemacht werden, genaue Regelungen sind geplant. Zur Zeit sehen sich Patienten einem geringen Verfolgungsdruck ausgesetzt.
Österreich: Bei Besitz einer „Geringen Menge“ von weniger als 20 Gramm THC (oder etwa 80 bis 300 Gramm Cannabisblüten) kommt man mit einer zweijährigen Probezeit davon, bei mehr oder Handel drohen Gefängnisstrafen in Österreich. Konsum und Besitz von Kleinstmengen ist jedoch straffrei. Der Anbau von Cannabis ist jedoch legal im Land in den Alpen, solange diese nicht zur Drogengewinnung gedacht sind. Dies bedeutet im Klartext, dass man getrost Pflanzen bis in die vegetative Phase legal wachsen lassen kann, sich beim Einleiten der Blüte seiner Pflanzen allerdings strafbar macht. In Österreich boomen die Geschäfte der Growshops und als Kiffer ist es ein weiterer recht angenehmer Ort in Europa und Kiffen wird durchaus tolerant gesehen. Generell gilt: Im Flachland ist es toleranter als in den Bergen (das Ost-West Gefälle, ähnlich wie Deutschland das Nord-Süd-Gefälle).
In Italien werden die Drogengesetze jedes Mal deutlich verschärft, wenn Berlusconi wieder mal eine Wahl gewonnen hat. So ist die „Geringe Menge“ beim Cannabisbesitz auf 500 mg THC (etwa 5 Gramm Cannabis mit zehn Prozent THC) gesetzt worden und bis zu dieser in der Praxis schwer definierten Menge drohen Geldbußen, Drogentherapie, oder Entzug des Führerscheins oder Reisepasses. Jeder, der mit einer größeren Menge Marihuana erwischt wird, gilt als Dealer. Darauf stehen sechs bis 20 Jahre Haft. Bei medizinischem Cannabis macht Italien Rückschritte, Genehmigungen für den Erhalt von medizische Cannabisblüten aus den Niederlanden (ähnlich wie in Deutschland) wurden nicht verlängert. Zur Zeit müssen Patienten selbst die Verwendung von Marinol erklagen, haben hierbei meist aber gute Chancen.
Tschechien ist ein weiteres Juwel für Cannabistouristen geworden, denn so ist der Besitz von höchstens einem Gramm reinem THC entkriminalisiert. Wer bis zu fünf Pflanzen der Marke Cannabis in seinem Zuhause hat wachsen hat, kommt mit einer Ordnungswidrigkeit davon. Cannabisipatienten werden komplett in Ruhe gelassen. Handel und Verkauf werden verfolgt und: Es gibt keine Coffeeshops oder andere Hanfverkaufsstellen in Prag oder anderswo, womit eine der häufigst gestellten Fragen der letzten Monate geklärt sein sollte.
Die Regierung in Polen ist wohl eine der unbarmherzigsten in Europa in Sachen Cannabis. Jeglicher Besitz von Cannabis ist illegal und kann mit Gefängnisstrafen bis zu drei Jahren bestraft werden. Bei Weitergabe bereits einer kleinsten Menge drohen empfindliche Ha(n)ftstrafen bis zu zehn Jahren. Die Legalisierungsbewegung rund um unsere Schwesterzeitschrift „Spliff“ hat einen harten Weg vor sich und kann jegliche internationale Unterstützung gebrauchen. Cannabis in der Medizin gibt es nicht, Patienten werden als Drogensüchtige klassifiziert
Schauen wir uns zu guter Letzt (Hanf-)Deutschland im Jahre 2010 an: Strafverfahren bei Besitz mit einer so genannten „Geringen Menge“ (zwischen sechs und 15 Gramm Marihuana) können oder müssen, abhängig vom Bundesland, eingestellt werden. Handel und Anbau sind illegal. Seit kurzem gibt es erste anerkannte Cannabispatienten, die ihre heilende Medizin in Apotheken beziehen können. Allgemein ist Cannabis in Deutschland weit verbreitet und hat bei den Gesetzeshütern besonders im Norden der Republik eine geringere Priorität in Sachen Strafverfolgung bekommen. Ist der reine Konsum von Cannabis nicht illegal, so drohen Cannabisbauern und –händlern immer noch recht hohe Haft- oder Geldstrafen. Das Nord-Süd Gefälle ist signifikant.
Es wird klar, es gibt einerseits noch viel zu tun in Europa in Sachen Legalisierungsaktivismus, doch gibt es Staaten, deren Regierungen es schon heute zum großen Teil begriffen haben, welche Ungerechtigkeit und Unsinn moralisch und rechtlich gesehen im Falle Cannabis betrieben wurde und praktizieren heute wieder einen liberaleren Umgang mit der illegalisierten Hanfpflanze. Jetzt sind wir auch mal dran.

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