Montag, 4. April 2011

DVD-Specials – April 2011

Sommer der Liebe
Ein Klassiker von Wenzel Storch

cinema surreal

Im Juni 2009 habe ich euch „Die Reise ins Glück“ (die Produktion dauerte zwölf Jahre) vorgestellt. Das Berliner Label Cinema Surreal hat sich nach dieser Geschichte an eine weitere Storch-Filmperle herangewagt und veröffentlicht nun „Sommer der Liebe“ (1989-1992) endlich auf DVD in einer exorbitant psychedelischen DVD-Edition, passend zum Film in jeder Hinsicht. Der deutsche Katholikenschreck und Independent-Autorenfilmer (nicht Regisseur, sondern ganz einfach Spielleiter) Wenzel Storch nennt es „Ausstattungsfilm“ und siedelte diesen im buntesten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts an, um sich in punkto Bauten und Kostüme richtig auszutoben. „Wir schreiben das Jahr 1971, Erdzeit. Auf unserem kleinen blauen Planeten stösst eine Gruppe junger moderner Menschen in neue unbekannte Dimensionen des Bewusstseins vor. Sie suchten den Schlüssel zu einer besseren Welt und öffneten das Tor zum Sommer der Liebe.“ Gedreht auf drei schrottreifen Super-8-Kameras und für den Kinoverleih per Blow-up auf 16mm-Film kopiert, wandelt dieser Streifen zwischen surrealem Trickfilm und bizarrer Videoclipästhetik. Das Prinzip ist, Gegenstände aus der Wirklichkeit zu nehmen, einzusammeln und daraus eine neue Wirklichkeit zusammenzubauen. Angesiedelt in einer grobkörnig-grellbunten Märchenoptik erzählt Hans Paetsch, der bis zu seinem Tod im Jahre 2002 als „Märchenonkel der Nation“ galt, die wilde Geschichte des sächselnden Hippie-Missionars Oleander (Jürgen Höhne) im Auftrag der Bewusstseinserweiterung, der mit derb-debilem Gequatsche durch die Lande zieht, um den unschuldigen Blumenmädchen die freie Liebe zu lehren. Aber diesen völlig konfus-trippigen Film inhaltlich beschreiben zu wollen, ist ein aussichtsloser Versuch. Das lässt sich nur mit der Magie psychedelischer Drogen erklären (Storch hat eine Vorliebe für LSD) und mit eben solchen ertragen. Freut euch als auf seine kontroverse „Symphonie junger Körper”. Die aufwendige 2-Disc Special Edition im achtseitigen Digipak und über zwei Stunden Bonusmaterial ist nicht im regulären Handel, sondern nur über die Webseite www.cinemasurreal.com erhältlich. Das Label bringt den Menschen sommerliche Liebe auch im tiefsten Winter ins Haus, getreu dem Filmmotto: „Wer es versteht, in den Herzen seiner Mitmenschen eine zarte Saite zum Klingen zu bringen, für den wird der Sommer der Liebe nie zu Ende sein.“ Klingt schräg und ist es auch.

www.wenzelstorch.de
www.cinemasurreal.com


>> DVD – Vampir-Thriller
Wir sind die Nacht
Unsterblich. Unaufhaltsam. Unersättlich

constantin film

In Berlin betreibt eine körpersaftverliebte Frauengang einen Nachtclub, geniesst die Ewigkeit, ist aber durch die Jahrhunderte getrieben von der einen grossen Manie: Der Suche nach Liebe. Neben der eiskalten, aber mondän-verführerischen Louise (Nina Hoss) gehören dem Clan die traurig schöne Stummfilmschauspielerin Charlotte (Jennifer Ulrich) und die flippig-impulsive Blutsauger-Raverin Nora (Anna Fischer) an. Vierte im Bunde ist Lena (Karoline Herfurth), zuerst als verwahrloste Diebin, dann als elfengleiche Schönheit, die nach dem Biss der verliebten Louise Unsterblichkeit erlangt. Fortan erfährt Lena den Fluch und Segen ihres neuen, ewigen Lebens. Sie geniesst den Luxus, die Partys, die grenzenlose Freiheit, doch schon bald machen ihr der Blutdurst und die Mordlust ihrer neuen Freundinnen zu schaffen. Da trifft sie sich doch lieber mit dem jungen Polizisten Tom Serner (Max Riemelt), der in einer packenden Verfolgungssequenz am Anfang des Films versucht hat, sie nach einem Diebstahl zu schnappen und sie seitdem anhimmelt. Doch Tom befindet sich plötzlich inmitten der Aufklärung eines blutigen Doppelmordes, hinter dem die Vampirinnen stecken. Regisseur Dennis Gansel hat mit dem Polit-Thriller „Das Phantom“ (1999), dem zutiefst bewegenden Drama „Napola – Elite für den Führer“ (2004) und einer Neuauflage des fiktiven Faschismus-Experiments „Die Welle“ (2008) gezeigt, dass er düstere Stoffe und sperrige Themen flüssig und mit einer Extraportion Ästhetik inszenieren kann. „Wir sind die Nacht“ ist sich der europäischen Tradition des Vampirfilms bewusst, knüpft aber eher an die Motivlage poetischer Filme der 70er wie „Daughters of Darkness“ oder „Vampyres“ an. In seiner Auseinandersetzung mit dem Vampirmythos ist der Film, dessen Drehbuch bereits seit 1999 existierte, wesentlich femininer und emanzipierter als Stephenie Meyers genderkonservative, ultraprüde Twilight-Saga. So liefert Gansel mehr Handlung als Mystery-Gefasel, vermischt Romantik, Drama und Komödie mit furiosen Actionszenen, guten Spezial-Effekten sowie treibendem Sound und präsentiert an originellen Locations ein charismatisches Schauspielerinnen-Quartett mit Sex-Appeal (besonders Karoline Herfurth spielt wieder einmal granatenstark). So wird daraus ein spannender und sehr sinnlich erzählter Genrefilm, in dem Eros und Thanatos schliesslich vor den Toren der Stadt auf dem Teufelsberg eine blutige Allianz eingehen.

www.wir-sind-die-nacht.film.de
www.constantin-film.de


>> DVD – Comedy
Pastewka
Fünfte Staffel

myspass / brainpool home entertainment

Es gibt Comedians, deren Sinn für Humor einen ansprechen und andere, die spurlos an einem vorbeigehen. Dieser Mann hier brachte mich schon Ende der 90er in verschiedenen Rollen zum Lachen, als er in „Die Wochenshow“ in fiktiven Figuren wie Brisko Schneider und vor allem als legendärer Jogginganzug-Spießbürger Ottmar Zittlau in Erscheinung trat. Seine weitere Vita dürfte bekannt sein. Seit Herbst 2005 feiern Zuschauer wie Kritiker eine Comedy-Serie mit dem simplen und erfolgreichen Prinzip: ein Comedian spielt sich einfach selbst und der Name ist Programm. Denn Bastian ist schließlich Pastewka: ein liebenswertes Kerlchen mit dem unbedingten Wunsch, immer alles richtig zu machen, ein paar kleinen Eigenheiten und dem Talent, das Passende zu sagen, meistens allerdings im unpassenden Moment.
Wie auch in den Staffeln davor gewährt Bastian Pastewka seinen Fans Einblicke in sein aufregendes Leben und zeigt wie viele unerwartete Pannen und skurrile Geschichten sein Alltag mit sich bringt. Und wieder sind viele Prominente mit Gastauftritten zu sehen: Bei Hugo Egon Balder bringt Bastian seine Erzfeindin Svenja Bruck als Putzhilfe unter, mit Michael Kessler konkurriert er um die Hauptrolle in einer Sitcom der Extraklasse, Bernd, das Brot, befällt seine Wahrnehmungen, und Roger Willemsen versucht er zu manipulieren, um Annette Frier zu schaden. Meine Lieblingsfolge ist natürlich – als langjähriger FC-Fan – „Die Entschuldigung“: Bastians Vater Volker feiert seinen Geburtstag in einem kölschen Brauhaus mit seinen Söhnen und Kim. Sie schenken ihm zwei Tickets für ein Premiumspiel des 1. FC Köln. Bastian ist froh, dass er nicht mit ins Stadion muss, denn er kann mit Fußball nichts anfangen. Leider teilt er diesen Umstand am nächsten Abend etwas zu deutlich in einer Live-Talkshow des NDR mit, indem er ein paar lässige Witze über diesen „Karnevalsverein“ reisst. Er ahnt nicht, was er bei den FC-Fans damit auslöst. Als Hagen am nächsten Tag krank ist, muss Bastian doch mit ins Stadion, und nicht nur dort schlägt ihm von allen Seiten gnadenlose Empörung entgegen. Jetzt kann nur noch einer helfen: Henning Krautmacher, der Frontmann der Kölsch-Band „Höhner“. Er verhilft Bastian zu einer angemessenen Entschuldigung bei den FC-Fans. – Zwei DVDs plus umfangsreiches Bonusmaterial auf der dritten garantieren vergnügtes Schmunzeln, denn der subtile Situationskomiker ist nach wie vor einer der besten des Landes.

www.bastianpastewka.de
www.myspass.de>

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