Donnerstag, 12. Juli 2012

Kreative Antirepression auf der Hanfparade

Wie wir alle auf den Protesten mitbekommen durften, die in letzter Zeit etwas ändern wollten, wie dem Hanftag in Berlin (im Rahmen des Global Marijuana Marches) oder dem Blockupy in Frankfurt am Main: Es wird nahezu ein Ausnahmezustand verhängt, grundlegende Bürgerrechte beschnitten und Demonstrationsteilnehmer gegängelt.

Also warum sich nicht etwas Einfallen lassen, um diesen Zuständen zu begegnen?

Kreative Antirepression will Menschen zu AkteurInnen machen und die weit verbreitete Ohnmacht durchbrechen. Es geht darum, Repression anzugreifen, zu demaskieren und lächerlich zu machen. Ziel ist es, offensive Strategien gegen Repression aller Art zu entwickeln und Mut zu machen, sich dieser immer wieder subversiv und kreativ entgegen zu stellen und eigene Ideen zu entwickeln.
Das kann z.B. bedeuten, Repression bei der Planung von Aktionen mitzudenken und ¨C als wäre sie Teil eines Theaterstücks ¨C vorab einzubauen.
Kreative Antirepression gehört zum Methodenspektrum der Direct Action und soll auch der Selbstermächtigung dienen, durch Wissensaneignung und Training die eigenen Handlungsmöglichkeiten zu erhöhen, um im Anwendungsfall selbstbestimmt entscheiden zu können, welche Reaktionen auf Repression erfolgen.

Eine Demonstration ist keine Veranstaltung. Das was passiert, hängt von unseren Einfällen ab! Bringt Musikinstrumente, Transparente und Spruch-Schilder mit.

Möglichkeiten und Strategien

Kreative Antirepression kann in vielen Formen auftreten – ein paar sollen an dieser Stelle kurz angerissen werden:
Eines der ersten Smoke-Ins der Haschrebellen fand im Tiergarten 1969 statt, also dort, wo auch wir unsere Abschlusskundgebung abhalten. Der benötigte Rauchstoff wurde im Vorfeld im Tiergarten vergraben. Trotz Kontrollen hatten alle genug zu rauchen.

-Du hast eine ernsthafte Krankheit bei der natürliches Cannabis helfen kann? Begebe dich auf die lange Reise bis zur Ausnahmegenehmigung und bring sie mit zur Hanfparade

-Kommt als Gruppe, so seid ihr nie alleine. Macht euch vorher klar, was auf der Demo passieren soll

-Filmdöschen mit Kieselstein und „Niete-Zettel“

-Geldwechseln mit Touristen

-Ein Rucksack voll mit sortierten Tee in Plastik-Tütchen. Natürlich sauber Beschriftet, damit euch nicht das Vortäuschen einer Straftat angelastet werden kann.

-Zivi‘s verfolgen mit einem Zivi-Zeiger-Schild

-Polizeigruppen mit eigener Gruppe verfolgen (nicht behindern!) Das Vorgehen der Polizei darf gemäß Gerichtsurteile übrigens auch gefilmt werden.

-Repression einfordern: Eine konkrete Strategie besteht darin, Repression offensiv einzufordern – gerade dann, wenn die Gegenseite sich in Einschüchterungsversuchen ergeht („Das ist verboten!“ – „Na und? Machen Sie doch eine Anzeige; dann kann ich vor Gericht noch einmal für mein Anliegen werben!“) Diese Taktik kann auch als Schutz vor Kriminalisierung wirken, weil sie die bekannten Muster durchbricht und Verwirrung stiftet. Beispiel: Neben einer umstrittenen Demonstration wandert eine eigene Gegengruppe, welche die Polizei ständig völlig überzogen auffordert, erstere aufzulösen. Das schafft einen breiteren Kommunikationskorridor für die Aktion, irritiert die Polizei und lenkt ihr Interesse möglicherweise eher auf die PöblerInnen.

-Überidentifikation: Überidentifikation ist eine verwandte, ähnlich wirkende Praxis: Beim Auftauchen der Polizei kann diese z.B. sofort bejubelt oder gar angebetet werden. Solche Performances können helfen, die Autorität von Repressionsorganen zu untergraben – in der Praxis verbindet sich das für viele mit der Erfahrung, weniger oder kaum noch Angst vor dem Auftreten von PolizistInnen zu empfinden … ein Zuwachs an Selbstsicherheit für die AkteurInnen.

-Autorität brechen: Um die Autorität und Mackerigkeit von PolizistInnen, Gerichtsbediensteten usw. zu dekonstruieren und lächerlich zu machen kann es sinnvoll sein, immer mit Konfetti, Luftschlangen, Parfüm-Proben (um die „Opfer“ unauffällig nach Blumen duften zu lassen) oder anderen Utensilien ,bewaffnet‘ zu sein. Gerade z.B. bei Gerichtsverfahren mit vorhersehbarem Ablauf und gesetzter Atmosphäre können solche Utensilien für einigen Wirbel sorgen.

-Offensive Kommunikation: Bei Zugriffen auf DemonstrantInnen oder Vernehmungen bestimmen meist die Sicherheitsbehörden das Geschehen. Offensive Kommunikation bedeutet, gar nicht erst auf Fragen oder Anordnungen zu warten, sondern selber ein unverfängliches Thema zu setzen oder Fragen zu stellen. Beliebt ist das „Gegenfrage-Spiel“, bei dem vor allem die Hierarchien von Repressionsorganen hinterfragt werden: Es fängt fast immer damit an, eine konkrete Anordnung anzuzweifeln, um von dort ausgehend den Unsinn von Befehlsstrukturen aufzudecken. Ein klassischer Einstieg ist beispielsweise, auf die Aufforderung sich auszuweisen zu fragen: „Machen sie das jetzt weil sie das müssen oder ist es ihr persönliches Interesse?“ Eine ausgefeilte Form dieser Taktik ist Mars-TV, d.h. mit Transpi-Fernsehbildschirm als Reportage-Team von einem Planeten aufzutreten, auf dem es keine Herrschaft gibt. Eine andere Variante liegt darin, sich in der Kommunikation einen Fixpunkt zu überlegen, auf den du immer zurückkommst, z.B. ständig nachzufragen, wann deine Pizza kommt – um verwertbare Aussagen sicher zu vermeiden.

Ich verweigere die Aussage!

Wichtig ist immer, keine Angaben über gelaufene Aktionen oder Zusammenhänge zu machen. Hilfreich dafür sind vorherige, intensive Trainings, bei denen ihr euch gegenseitig bewusst macht, welche Sätze z.B. unfreiwillig für staatliche SchnüfflerInnen nützliche Informationen enthalten. Oder, dass Verneinungen wie „Ich war es nicht“ immer Aussagen darstellen.

Ziele

Politische Ermächtigung
Ziel kreativer Antirepression ist es die Handlungsfähigkeit des Einzelnen zu stärken, Möglichkeiten in repressiven Situationen zu erweitern sowie Autoritäten zu untergraben und Ängste abzubauen, damit Repression nicht mehr durch ihre Androhung wirken kann und Repression zu nutzen um politischer Inhalte zu vermitteln oder Debatten über eine Welt ohne Polizei oder Knäste anzuzetteln.

Veränderte Organisierungsformen

Kreative Antirepression ist auch Kritik am Ist-Zustand politischer Bewegungen, in denen Repression intern weitergegeben wird. Einige problematische Tendenzen sind:

-Schematische Anweisungen wie „Anna und Arthur halten das Maul“ mit befehlsartiger, oberflächlicher Wirkung

-Überzeichnung der eigenen Ohnmacht bzw. der Macht der Gegenseite

-Der Verweis auf ExpertInnen wie Ermittlungsausschüsse und AnwältInnen führt zum Verbleib in der eigenen Ohnmacht statt Stärkung der eigenen Handlungsfähigkeit bei Polizeikontakten oder Gerichtsverfahren.

-Der Verweis auf mögliche Repressionsgefahren führt in vielen Gruppen zu starker Konspirativität und Vereinheitlichung von Verhalten und Auftreten. Das aber fördert einerseits interne Hierarchien durch mangelnde Transparenz und erleichtert andererseits sogar die Überwachung durch staatliche Gewalt, weil sich z.B. Staatsschutz und Verfassungsschutz auf die wenigen und gut erkennbaren Wichtigen in politischen Bewegungen konzentrieren können, deren Verhalten zudem stark voraussehbar ist

-Doppelmoral, nach der Führungspersonen in politischen Gruppen immer wieder z.B. Kooperationsgespräche mit Polizei führen und gleichzeitig Schweigebefehl an die Basis richten.

Wir freuen uns über weitere
tolle Ideen!

Weitere Infos und Beispiele auf: www.direct-action.de.vu und www.projektwerkstatt.de/antirepression

Videoaufnahme vom Smoke In am 5. Juli 1969 im Berliner Tiergarten: haschrebellen.de/videos/smokein
Drogenbarone International danken der Drogenbeauftragten Dyckmans für neue Märkte, Aktion zur jährlichen Tagung in Berlin: Drogenbarone danken Dyckmans für neue Märkte

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