Montag, 29. Juni 2009

Feuer auf Sabine Bätzing

Frau Bätzing, was soll die babylonische Sprachverwirrung bezwecken?

Frau Bätzing, was soll die babylonische Sprachverwirrung bezwecken?

Vor langer Zeit lebte in China ein weiser Mann namens Laotse, und der überlieferte die Erkenntnis, dass Bestehen Nichtbestehen bedinge oder das Bedingtheit Unbedingtheit bedinge.

Und so bedingt die Festlegung einer „geringen Menge“ von etwas das Existieren einer „nicht geringen Menge“ von diesem etwas. Gemäß mathematischer Logik wie auch gemäß des allgemeinen Sprachverständnisses ist jede Menge, die keine „geringe Menge“ ist, eine „nicht geringe Menge“. In der deutschen Rechtssprechung gilt diese Logik jedoch nicht. Gerichte haben die größte Menge, die noch als „geringe Menge“ klassifiziert werden kann, viel niedriger angesetzt als die kleinste Menge, die schon als „nicht geringe Menge“ zu betrachten ist. Die dazwischen liegenden Mengen werden von vielen Juristen als „normale Mengen“ bezeichnet, obwohl die meisten Kiffer nur mit einer „geringen Menge“ auf Tasche von der Polizei erwischt werden – die „geringe Menge“ entspricht also dem Normalfall und die „normale Menge“ entspricht nur einem geringen Teil der Fälle.

So verworren diese Sprachregelungen in der deutschen Rechtspraxis sind, so schwer sind sie für logisch denkende Jugendliche (und Erwachsene) nachvollziehbar – ja, jeder logisch denkende Mensch fragt sich unweigerlich, was diese Sprachverwirrung in der deutschen Rechtspraxis bezwecken soll.

In einer namentlichen Abstimmung am Donnerstag, den 28. Mai 2009, stimmte die überwältigende Mehrheit der Bundestagsabgeordneten (Bundestag = große Parlamentskammer = Volkskammer) einem Gesetz zu, das von einer ähnlich stark ausgeprägten Sprachverwirrung gekennzeichnet ist. Das Gesetz zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung. Nach Abschluss der Arzneimittelstudie „Das bundesdeutsche Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger – eine multizentrische, randomisierte, kontrollierte Therapiestudie“ sowie weiterer Spezialstudien zur diamorphingestützten Behandlung wurde eine Entscheidung getroffen, die eine Diamorphinbehandlung in Deutschland als zusätzliche Option zur Behandlung schwerstkranker Opiatabhängiger ermöglicht und in das Regelsystem der gesundheitlichen Versorgung integriert. Die vorliegenden Studienergebnisse sprachen dafür, eine Behandlung mit Diamorphin für eine klar begrenzte Zielgruppe Opiatabhängiger zu ermöglichen, die zuvor ernsthafte Behandlungsversuche mit herkömmlichen Substitutionsmitteln erfolglos unternommen haben. Damit können schwerstkranke Opiatabhängige, die bislang nicht erfolgreich behandelt werden konnten, künftig verstärkt therapeutisch erreicht werden. Zugleich werden die negativen Folgen der Drogenabhängigkeit für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abgemildert.

Die Veränderung des Betäubungsmittelgesetzes und die hiermit verbundene Einstufung von Diamorphin als verschreibungsfähiges Medikament rettet Menschenleben. Der entscheidende Durchbruch ist die Umwandlung eines Straftatbestandes in eine verschreibungspflichtige Behandlung. Gerade die Heroinabhängigen, bei denen alle anderen Behandlungsoptionen nicht den gewünschten Erfolg brachten und die bisher unter menschenunwürdigen Bedingungen leben mussten, bekommen nun eine Möglichkeit, den Ausstieg aus dem Kreislauf von Illegalität und Beschaffungskriminalität zu finden. Im Sinne schwerkranker Menschen haben fachliche und ethische Überlegungen nun Vorrang vor Parteitaktik und ideologischen Schranken gewonnen. Fachverbände wie die Deutsche AIDS-Hilfe, der Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik und andere mehr haben diesen Schritt begrüßt.

Der Name des neuen Gesetzes „Gesetz zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung“ ist allerdings irreführend, da die ärztlich kontrollierte Heroinabgabe eine Originalstoffabgabe darstellt und wissenschaftlich betrachtet nicht als Substitutionsbehandlung klassifiziert werden kann, da kein Ersatzmittel (Substitut) verabreicht wird, sondern ein Originalstoff. Heroin ist der Markenname von Diamorphin, auch Diacetylmorphin genannt, genauso wie Aspirin der Markenname von Acetylsalicylsäure ist. In beiden Fällen ist die Firma Bayer AG Inhaberin der Markenrechte und das Herstellungsverfahren beider Substanzen wurde Ende des 19. Jahrhunderts in Elberfeld durch die Chemiker Felix Hoffmann und Arthur Eichengrün entwickelt.

Das „Gesetz zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung“ müsste von der Sprachlogik „Gesetz zur diamorphingestützten Behandlung“ heißen oder einfach „Originalstoffabgabegesetz“ respektive „Originalstoffvergabegesetz“. Der Begriff „Substitution“ ist in diesem Gesetz völlig fehl am Platz, da kein Substitut, das heißt kein Ersatzmittel verabreicht wird, sondern der begehrte Originalstoff. Mit dem Namen des neuen Gesetzes wird eine Mehrung und keine Minderung der Sprachverwirrung im Bereich des Drogenrechtes etabliert.

Zu den Hauptaufgaben der Drogenbeauftragten der Bundesregierung gehört, die Drogenpolitik der Bundesregierung der Bevölkerung zu vermitteln. Werte Frau Bätzing, bitte vermitteln Sie doch als Drogenbeauftragte der Bevölkerung, was die babylonische Sprachverwirrung im deutschen Drogenrecht bezwecken soll! Werte Frau Bätzing, bitte vermitteln Sie doch als Parlamentarierin der Bevölkerung, warum Sie als Drogenbeauftragte im Parlament dieser Sprachverwirrung zugestimmt haben!

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