Donnerstag, 1. Oktober 2009

SPD schreit nach Hanf

Heißt Let’s get stoned* wirklich „Wählt den Steini“?

Nur der FC Schalke 04 verhinderte am Wahlwochenende mit seinem 1:0 Erfolg über Dortmund den totalen schwarz/gelben Triumph.

Für Hanfnutzer hat der Wahlausgang erst einmal keine direkte Auswirkung, da sich der neue Koalitionspartner von Frau Merkel drogenpolitisch nicht vom alten unterscheidet, eine rationale Drogenpolitik wäre ebensowenig bei einer Jamaika-Koalition oder bei der Fortsetzung der großen Koalition mehrheitsfähig. Auf lange Sicht kann diese Konstellation für die Legalisierungsfrage sich sogar eher als nützlich erweisen, denn ab jetzt hat die SPD mindestens vier Jahre Zeit, sich zu besinnen, Realitäten neu einzuschätzen und sich dann mit Hilfe des eigenen Nachwuchses neu zu positionieren. Die Jusos fordern schon seit den 1970er Jahren die Liberalisierung von Cannabis, ohne ihre Position auch nur in Ansätzen durchsetzen zu können. Heiko Maas, Andrea Nahles, Björn Böhning oder sogar Sabine Bätzing sind die bekanntesten aus einer langen Reihe ehemaliger Jusos, die als Partei-Nachwuchkräfte noch kein Problem mit der kontrollierten Abgabe unter strengsten Jugendschutzauflagen hatten, seitdem davon aber nichts mehr hören wollen.
In anderen Ländern Europas wie in Portugal, Spanien, den Niederlanden, Tschechien, Österreich oder der Schweiz haben sich Sozialdemokraten schon längst dazu entschieden, eine echte Entkriminalisierung von Konsument/Innen als Politikziel zu definieren und wo es geht, auch umzusetzen. In Deutschland hat sie auch auf diesem Feld die Kompetenz an Grüne und Linke abgegeben, die SPD scheut den Dialog mit mündigen Bürgern wie der Teufel das Weihwasser, weil vielen Amtsträgern mittlerweile bewusst ist, dass sie sich argumentativ auf sehr dünnem Eis bewegen, wenn es um das Gefahrenpotential von Hanf geht. So langsam sollte auch bei Sozialdemokraten über 35 Jahren ankommen, dass die Einstiegsdrogentheorie wissenschaftlicher Unsinn und ein verantwortungsvoller Umgang mit Cannabis durchaus möglich ist. Werbepromis aus der Toskana-Ecke wie Günter Grass, Hannelore Elsner, Ottfried Fischer, Peter Maffay oder Iris Berben verleihen nicht gerade ein junges, innovatives Profil. Rentner sind eher CDU-Klientel, das Dilemma aber ist, dass sich kaum jemand unter gefühlten Sechzig findet, der Werbung für die Ex-Volks- und Arbeiterpartei machen möchte.

Die Jusos in Konstanz haben damit kurz vor der Wahl schon angefangen, unter dem Motto „Let’s get stoned“ warben sie für den späteren Wahlverlierer Steinmeier. Selbstredend sollte der Slogan keine Verherrlichung des Cannabiskonsums darstellen, sondern sei nur eine lässige Formulierung, um junge Leute „Steinig werden zu lassen“, also den Frank Walther zu wählen. Aha.

Vielleicht haben sich da auch wieder mal ein paar Jungsozialisten zu weit aus dem Fenster gelehnt, um nach den ersten Empörungsrufen wieder zurück zu rudern, anstatt selbstbewusst zur eigenen Idee zu stehen? Wünschenswert wäre, dass der SPD-Nachwuchs seiner Forderung mehr Nachdruck verliehe und die nächsten vier Jahre nutzt, dieser nach fast 40 vergeblichen Jahren zumindest im Ansatz auch in der Mutterpartei zu verankern. Gelänge das nicht wenigstens in Teilen, sollten die Jusos vor der nächsten Wahl diesen Punkt getrost als nicht durchsetzbar abhaken und ihn aus Gründen der Ehrlichkeit und der Selbstachtung durch ein drogenpolitisches Vakuum ersetzen. Denn klar ist: Ohne die SPD wird es drogenpolitisch auf Bundesebene nicht vorangehen, wenn sie den einmal eingeschlagenen „CDU-light“ Kurs Richtung Bedeutungslosigkeit fortsetzen, indem der parteiinterne Status Quo, über Hanf nicht zu diskutieren, gewahrt bleibt.

Falls die Sozialdemokratie wider Erwarten den Sinn für die Ängste und Nöte der Bürger/innen wieder erlangt und begreifen sollte, was gerade ihre junge Zielgruppe interessiert:

Exzessiv.tv weiß, wie man mit neuen Medien umgeht und junge Wähler anspricht. Das online-Magazin unserer Zeitung bietet sich gerne an, einer neuen SPD in Sachen Hanf-Aufklärung beratend zur Seite zu stehen.

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