Dienstag, 12. Januar 2010

Von Irrtümern und Gerüchten

Pflanzen in einem Schrank und unter künstlichem Licht zu kultivieren, ist eine relativ neue Angelegenheit. Die Anwendung der hydroponischen Technologie in diesen geschlossenen Räumen ist genauso neu. Diese Tätigkeit wird oft von jungen Leuten ausgeübt, die keine Vorkenntnisse im Bereich der Pflanzenentwicklung besitzen.

Sicherlich nicht das typische Profil eines erfahrenen Gewächshauszüchters!!!
Daraus ergibt sich, dass zahlreiche Gerüchte in der Grower-Welt zirkulieren, die in den Köpfen fest verankert sind. Diese verbreiten sich dann in Internet-Foren und Chats.
In der Tat gibt es auch wenig Fachinformation. Technische Fachbücher über Hydroponik sind für die meisten Leute ohne Vorkenntnisse in Chemie und Pflanzenbiologie schwer verständlich. Die neuen Bücher über das Thema beschäftigen sich mit der Wahl des Systems, der Beleuchtung, Belüftung. Manche von ihnen sind recht gut gemacht, aber präzise Hydroponikpraktiken werden nur oberflächlich angesprochen und es fehlt an vielen notwendigen Details. Internet-Foren sind nicht immer eine glaubwürdige Informationsquelle, da manche Hersteller sie benutzen, indem sie sich als einfache Benutzer ausgeben und ihre Produkte als Wundermittel anpreisen, um den Verkauf zu fördern. Andere Teilnehmer sind Anwender, die guten Gewissens die falschen Schlüsse ziehen und diese verbreiten. Oder es kann auch eine einmalige Beobachtung sein, die dann als Regel betrachtet wird, ohne dass ein zweiter Versuch jemals stattgefunden hat. Das Endergebnis ist, dass ein gutes und harmloses Produkt gefährlich werden kann, wenn es unsachgemäß angewendet wird. Nachstehend will ich versuchen, einige dieser Fehler zu erläutern:

Wasserstoff-Peroxid (H2O2)
Viele Firmen verkaufen H2O2 und schreiben ihm dabei Wunderwirkungen zu, von der Erhöhung des Sauerstoffgehalts in der Nährlösung bis zur Vernichtung von pathogenen Pilzen. Sie verwenden anthropomorphische Bilder wie: „Der Sauerstoff sucht den bösen Kerl“. Natürlich steckt etwas Wahrheit dahinter, aber die Art, wie es präsentiert wird, ist eher irreführend. Wahr ist, dass, wenn H2O2 in Wasser gelöst wird, ein Sauerstoffatom freigegeben wird, das in einen freien Radikal umgewandelt wird. Freie Radikale sind bekanntlich extrem reaktive Sauerstoff-Ione. Sie sind elektrisch aufgeladen und binden sich sehr leicht an andere Partikel mit einer entgegengesetzten Aufladung. „Binden“ heißt in diesem Fall „Oxidieren“, gleichzusetzen mit „abtöten“. Es ist die gleiche Prozedur wie Eisen in Rost umzuwandeln.
Alle Mikro-Organismen, wie eben auch alle lebende Zellen, besitzen eine elektrische Aktivität und sind somit in der Lage einen freien Sauerstoff-Ion anzuziehen … und zu sterben!
Die Freien Radikale verfügen nicht über einen Selektionsmechanismus, der ihnen ermöglicht, die „schlechten Kerle“ herauszufiltern. Sie oxidieren ausnahmslos Sporen und Pathogene und eben auch die Wurzelzellen. Somit werden gleichzeitig die Nährlösung gereinigt und die Pflanzen geschädigt. Die Menge, die der Nährlösung zugegeben werden kann, ohne die Pflanze zu schädigen, ist so gering, dass sie nicht ausreicht, um diese Nährlösung von Pathogenen zu befreien. Ihre Population wird zwar etwas reduziert, aber sie wird schnell wieder anwachsen, um dann die geschwächten Pflanzen erneut anzugreifen. Prinzipiell erscheint es mir nicht als die beste Idee, etwas zu tun, was die Pflanzen schwächt, wenn sie bereits von Krankheiten angegriffen werden. Das Argument der zusätzlichen Sauerstoffversorgung ist also übertrieben. Es ist wichtig zu wissen, dass diese ionische Form des Sauerstoffes nicht von der Pflanze genutzt werden kann. Pflanzen absorbieren O2 , den gasförmigen Sauerstoff aus der Luft, eineVerbindung aus zwei Sauerstoffatomen. Was geschieht mit diesem Sauerstoff-Ion, wenn er freigegeben wird?
Da er höchst reaktiv ist, wird er nicht lange leben oder weit reisen. Er wird sehr schnell etwas finden, mit dem er eine Verbindung eingehen wird. Er wird dann mit diesem „Etwas“ außerhalb der Lösung ausfällen. Wie schon gesagt, kann dies sein: Eine Zelle, eine Spore, aber auch ein Metallion wie zum Beispiel Eisen. Wenn manche dieser Ionen sich in gasförmigem Sauerstoff verwandeln, werden die meisten einfach die Nährlösung verlassen. Der Grund ist einfach: Sie können nur ein Maximum an gelöstem Sauerstoff im Wasser haben. Dieses Höchstmaß ist von der Temperatur abhängig. Wenn die Sauerstoffsättigung erreicht ist, wird jeder Überschuss in die Luft verschwinden. Eine Kleinstmenge wird zwar von den Pflanzen aufgenommen, aber dies ist nicht genug, um einen Unterschied zu erkennen.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, Wasserstoff-Peroxid ist ein sehr gutes Produkt. Es gibt nichts Besseres, um ein System zwischen zwei Ernten von Pathogenen zu befreien. Ich empfehle besonders die Verwendung von H2O2, wenn Sie bei der vorherigen Kultur Probleme im Wurzelbereich gehabt haben. Die Verwendung einer säurehaltigen Reinigungslösung zur Auflösung der in den Leitungen angesammelten Salze sowie einer hochdosierten H2O2 Lösung zur Entfernung von Pathogenen sollte zur Routine zwischen den Ernten werden. Es ist nur der Gedanke einer Verwendung in Anwesenheit von Pflanzen, der mir die Haare zu Berge stehen lässt.

CO2 -Tabletten
Es besteht keinen Zweifel darüber, dass die Zugabe von CO2 in der Atmosphäre Ihrer Pflanzen den Wachstum, die Gesundheit und ihre Ernten verbessern wird. Sobald der Kulturraum begrenzt ist, wir das schwierig: Durch von der Lichtquelle produzierte Wärme wird die Raumluft bis zu 120 Mal pro Stunde komplett ausgetauscht, so dass es nicht besonders praktisch ist, CO2 zuzugeben. CO2 Tabletten erfüllen einen guten Zweck, da sie in kurzer Zeit eine große Menge an CO2 in den Kulturraum freigeben. So ist es möglich, die Belüftung eine kurze Zeit lang abzustellen, aber nicht zu lange, damit sich die Luft nicht zu sehr erhitzt. Dies kann mehrmals wiederholt werden, um einen besseren Effekt zu erzielen. Es ist jedoch ein Fehler, die Tabletten in den Nährstofftank zu geben. Sie müssen in einen separaten, von dem System unabhängigen Behälter, gegeben werden. CO2 im Wurzelbereich ist sogar schädlich. CO2 ist ein Nebenprodukt vom Pflanzenmetabolismus, das neben einigen anderen von den Pflanzen abgesonderten Molekülen von den Wurzeln in die Nährlösung abgegeben wird sowie. Sie „verunreinigen“ die Nährlösung. Ein gut konzipiertes, hydroponisches System arbeitet aus zwei Gründen optimal: Es versorgt die Nährlösung mit Sauerstoff und es verhilft zur Zersetzung der Gase aus der Nährlösung.
CO2-Tabletten haben eine absolut kontraproduktive Wirkung im Wurzelbereich. Es ist zwar eine gute Idee, sie zu verwenden, aber Sie sollen sich die Mühe machen, sie in einen Extratank zu geben.
Eine andere gute Methode, um CO2 zuzufügen, ist das Slow-Release-System, das eine langsame, ständige CO2-Zufuhr durch eine chemische Reaktion ermöglicht. Diese Methode ist praktisch, einfach, effizient und verunreinigt die Nährlösung nicht. Diese beiden Methoden können viel Geld sparen, wenn sie sinnvoll angewandt werden. Die Anschaffung eines CO2 Generators hingegen ist nicht billig.


Immense Wurzelbildung

Enzyme
Den meisten Menschen ist die Verbindung zwischen Enzymen und Bakterien nicht geläufig. In Wirklichkeit ist der Unterschied enorm: Bakterien sind lebende Organismen und Enzyme werden als ein Teil des Metabolismus von den Bakterien produziert. Sie sind die Waffen der Bakterien. Ihre Aufgabe liegt darin, totes Material in Einzelelemente zu teilen, wovon sich dann die Bakterien ernähren können. Enzyme sind kurzlebig, aber die Bakterien produzieren ständig Enzyme. Wenn Sie also während einer Kultur Bakterien zugeben, ist es so, als ob Millionen von Enzymfabriken zugeführt werden, die während der gesamten Kulturdauer arbeiten werden. Wird dieser Vorgang richtig durchgeführt, ist es eine bessere Alternative als Enzyme zuzugeben.
Enzyme sind richtig angewendet in der Tat sehr nützlich. Sie werden benötigt, um ein Substrat zwischen zwei Kulturen von den Rückständen der vorherigen Ernte zu reinigen. Dabei entfalten sie eine schnelle, intensive Wirkung. Für so einen Fall gibt es nichts Besseres als Enzyme. Für den Rest verwenden Sie bitte Bakterien oder Pilze, denn sie sind auch Enzymfabriken. Die typischen Bakterien, die hier angewendet werden, sind Trichoderma harzianum, ein effizientes und sparsames Produkt.

Mit diesen wenigen Beispielen haben wir erklärt, wie nützliche Produkte nachteilig wirken können, wenn sie auf ungeeignete Weise verwendet werden. Viele Anfänger neigen dazu, alle Produkte vom Regal zu kaufen und hoffen, dass dies bei ihrer Kultur hilfreich sein wird. In Wirklichkeit geschieht oft das Gegenteil. So seltsam es auch klingen mag, ich habe viele Misserfolge erlebt, nur weil man zuviel tun wollte. Es ist besser, mit den Grundlagen zu beginnen:
Ein hydroponisches System, wenige Pflanzen, ein Dünger und ein pH-Regulator. Das ist alles, was wirklich notwendig ist. Später können Sie damit anfangen, mit den zahlreichen, auf dem Markt erhältlichen Produkten zu experimentieren…. aber nicht ohne vorher gelernt zu haben, wie man sie sinnvoll einsetzt.

Zu General Hydroponics Europe: GHE

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