Freitag, 1. Juli 2011

Keine Experimente

Lasst Zahlen sprechen – Zu Besuch bei Tom aus Prag

Seit einem kurzen Gespräch auf einer Messe kenne ich Tom und weiß, dass er Cannabis züchtet. Manchmal passt es einfach und man möchte sich wiedersehen, um Erfahrungen der Zucht und andere Gedanken auszutauschen. Gesagt, getan. Nach einiger Planung und längerer Bahnfahrt holt mich Tom mit seinem Hund vom Bahnhof ab und wir fahren zu seinem Garten. Da ich am frühen Nachmittag eingetroffen bin, hatten wir geplant erstmal eine Kleinigkeit zu essen und dann gemütlich eine Tour durch seine Growräume zu machen. Toms Growräume sind clever untergebracht, in einem Keller, zu dem niemand anderes Zutritt hat. Es war alles sehr ordentlich und aufgeräumt. Alles lag an seinem vorgesehenen Platz und jeder Gegenstand wirkte sauber. Er hatte früher in einem Betrieb gearbeitet in dem diverse Chemikalien und viele Menschen auf begrenztem Raum untergebracht waren und Ordnung unerlässlich war. Inmitten der Anlage befand sich eine gemütliche Sitzecke mit Radio und großem Esstisch. Nach einem Kaffee begannen wir mit dem Interview.

HC4L: Bitte erzähle etwas darüber, wie du zur Cannabiszucht gekommen bist.
Tom:
Es war ein ehemaliger Arbeitskollege, der mich darauf gebracht hatte. Nachdem der Betrieb geschlossen werden musste, in dem wir sehr lange zusammen gearbeitet hatten, sind wir Freunde geworden. Während eines gemütlichen Abends erzählte mir mein Freund dann, was für eine Möglichkeit er in Betracht zog und bat mich, bei der Planung und Installation der Zuchtanlage zu helfen. Er hatte vor einiger Zeit einen Unfall und eine seiner Hände konnte nicht mehr stark belastet werden. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung, welche Aufgaben da vor uns standen. Wir hatten schon oft zusammengearbeitet und der Gedanke, mit einem Freund ein Projekt wie dieses aufzubauen, gefiel mir sofort. Er hatte bereits theoretische Ahnung von der Cannabiszucht und kannte Leute, die sich mit dem Vertrieb und diesen Dingen beschäftigen.

Wuchsraum

HC4L: Also brauchte er dich für die schweren Arbeiten?
Tom:
Nein, wir teilen die Arbeit vollkommen gerecht auf. Er wusste von mir, dass ich viel Wert auf Ordnung lege und nicht so schnell aufgebe, wenn etwas nicht klappt.
HC4L: Wenn die Anlage von euch beiden betrieben wird, wie kommt es dann, dass wir allein hier sind?
Tom:
Er ist im Moment krank und wollte sich den Weg nicht zumuten.

HC4L: Was wusstest du bereits über Cannabis?
Tom:
Von der Zucht? Gar nichts. Wahrscheinlich hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt 5 oder 6 Joints mit Freunden geraucht, aber das ganze Zubehör, was es für den Anbau gibt, war mir völlig fremd.

HC4L: Wie seid ihr am Anfang vorgegangen?
Tom:
Wir hatten Bücher und diverse Videos besorgt, zusammen angesehen und sofort darüber gesprochen. Im Laufe der Zeit haben wir nun eine kleine Sammlung aufgebaut und fragen uns auch aus Spaß manchmal noch das eine oder andere Thema ab. Es ist nicht wirklich schwierig gewesen, die einzelnen Vorgänge zu verstehen, aber daraus einen Zusammenhang zu bilden und den ganzen Prozess als Einheit zu betrachten, war teils sehr hart.

HC4L: Und die Installation der Anlage?
Tom:
Das wurde mehrmals von uns verschoben. Mein Freund hatte viele Ideen, die er umsetzten wollte. Irgendwann hatten wir dann eine Liste mit Sachen, die wir für die Installation benötigten, und fingen an alles zusammenzutragen.

HC4L: Wie lange habt ihr für die Installation gebraucht?
Tom:
Wir haben circa zwei Monate gebraucht, um die Räume einzurichten und den technischen Kram zu besorgen. Die elektrische Installation und das Errichten des „Arbeitsplatzes” war dann schnell erledigt, aber das Legen der Zu- und Abwasserleitungen hat sich als sehr zeitaufwändig erwiesen.

Blüteraum

Wir stehen auf und öffnen die Türen zum Blüteraum. Die Kabel sind sehr ordentlich installiert und jeder Raum hat einen eigenen Sicherungskasten. Im Blüteraum hängen drei Adjust a Wings und eine Menge Umluftventilatoren.

HC4L: Ihr habt hier ja einige Pflanzen, wie viele sind es und welche Sorte?
Tom:
Es sind im Moment circa 35 bis 40 Pflanzen unter einem Reflektor. In jedem Reflektor befindet sich ein 600 Watt Leuchtmittel, für die Blütephase. Unter zwei Reflektoren stehen Afghani #1 Ableger, und unter einem PowerPlant.

HC4L: Offensichtlich bewässert ihr von Hand, nur dort in der Ecke befindet sich ein Feld mit einem kleinen Bewässerungssystem.
Tom:
Ja, wir bewässern von Anfang an mit der Hand und mischen jedes Mal das Gießwasser frisch an. Ich habe vor einigen Wochen in einem Feld ein Bewässerungssystem installiert, um zu schauen inwieweit sich die Ergebnisse verändern und ob es sich durch einen exakten Bewässerungszeitpunkt auf die Pflanzen auswirkt.

HC4L: Und?
Tom:
Ich kann noch keinen Unterschied erkennen, dieses Feld ist seit drei Wochen in der Blüte und wir müssen später mal schauen, ob was anders läuft.

HC4L: Wie ich sehe, habt ihr zwei Rohrventilatoren mit eigenem Aktivkohlefilter für die Abluft installiert, die machen ja ordentlich Lärm.
Tom:
Der Lärm ist hier unten egal und die Luftausgänge sind so installiert, dass dort niemand lang kommt.

HC4L: Warum aber zwei Rohrventilatoren?
Tom:
Falls einer ausfällt und wir genau an diesem Tag nicht in der Anlage sind.

HC4L: Wie oft arbeitet ihr hier?
Tom:
Jeden zweiten bis höchstens dritten Tag. Manchmal wechseln wir uns auch ab, dann ist einer mal alleine und durch unsere genaue Buchführung wissen wir immer, was der andere gemacht hat und jeder weiß, was zu tun wäre.

Trockenschrank

HC4L: Stimmt, mir sind die ganzen Zettel vor jedem Feld bereits aufgefallen. Warum so viel Protokollierung?
Tom:
Die Felder sind in unterschiedlichen Blütephasen, wenn wir alle Pflanzen gleichzeitig in die Blüte schicken, hätten wir zwar weniger Zettel, aber da wir nur einen begrenzten Platz im Wuchsraum haben und die Mutterpflanzen nicht jedes Mal bis zum Äußersten beschneiden wollen, haben wir angefangen, die einzelnen Flächen mit einem gewissen zeitlichen Abstand mit frischen Klonen zu bestücken. Das ergibt auch weniger Arbeit wenn Erntezeit ist.

HC4L: Ernte? Wir wollen Zahlen wissen, welche Ergebnisse erzielt ihr?
Tom:
Im Schnitt haben wir pro Feld 450 Gramm. Am Anfang waren es auch mal nur 300 bis 350 Gramm, aber im Laufe der Zeit haben wir unseren Rhythmus gefunden.

HC4L: Da ist doch aber noch etwas Spielraum nach oben.
Tom:
Ja, das lesen und hören wir auch manchmal. Aber wir sind zufrieden mit der Menge und freuen uns auch, wenn es mal etwas mehr ist.

In einer Ecke befindet sich der Trockenschrank, in dem im Moment Blüten liegen sowie geruchsdichte Beutel, die offensichtlich für den Verkauf beschriftet wurden.

HC4L: Ihr verkauft eure Blüten in gewissen Größenordnungen, welche Preise nehmt ihr für die Sorten?
Tom:
Darüber sprechen wir nicht.

HC4L: Weil?
Tom:
Ich darüber nicht reden möchte und mich noch nie um den Vertrieb gekümmert habe. Das erledigt alles mein Freund.

Wir verlassen den Blüteraum und öffnen die Türen zum Mutter- und Wuchsraum. Auch hier, viele Protokolle, nummerierte Container und diverse Schilder.

HC4L: Wie ich sehe, ist auch hier alles ordentlich beschriftet und protokolliert. Experimentiert ihr hier mit verschiedenen Containergrößen und Nährstoffen?
Tom:
Nein. Keine Experimente. Nur haben wir bemerkt, dass Mutterpflanzen regelmäßig erneuert einfach kräftiger wachsen.

HC4L: Im Moment stehen hier sieben große Mutterpflanzen, wie alt lasst ihr diese werden?
Tom:
Die Mutterpflanzen werden nach 7 bis 8 Monaten ersetzt. Dafür stehen immer bereits neue Pflanzen in etwas kleineren Containern bereit.

HC4L: Die Ableger aus den Gewächshäusern wachsen dann hier noch eine Weile? Nutzt ihr nur Erde für die Ableger?
Tom:
Ja, nur Erde, von der Mutter bis zur Blüte. Die Ableger versuchen wir immer so zu schneiden, dass diese noch ungefähr zwei bis drei Wochen in ein Liter Containern wachsen und dann gleich im Blüteraum in die Blüte gebracht werden können.

Zuluft

HC4L: Okay, okay. Ich sehe schon. Alles durchdacht und geplant. Mir gefällt so etwas und jetzt verstehe ich auch, warum ihr so viele Protokolle in jedem Raum habt. Das kann sich ja keiner merken.
Tom:
Genau, wir teilen die Arbeit immer ein, so dass jedes Mal, wenn wir hier sind, ein bisschen zu tun ist als stundenlang nur Ableger schneiden und eine Nacht mit der Ernte zu verbringen.

HC4L: Bitte erzähle noch etwas über euren Düngerplan, der dort über den großen Nährstoffcontainern hängt.
Tom:
Da ist nichts Interessantes. Wir nutzen Hesi für die Blüte- und Wuchsphase. Es wird bei jedem zweiten Gießvorgang gedüngt und die Stecklinge bekommen etwas Blattdünger.

HC4L: Ich habe vorhin gesehen, dass ihr im Moment trockene Blüten im Schrank lagert, gibt es noch eine Verkostung?
Tom:
Endlich fragst du. Die ganze Zeit wollte ich dir schon die fertigen Tüten in der Sitzecke zeigen.

In diesem Moment endete das Interview etwas vorschnell. Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen und ohne näher nachzufragen wie stark die Mischung war, rauchten wir ein paar Tüten und irgendwann fingen wir an uns den Kopf zu zerbrechen, wie wir es nun zum Bahnhof schaffen sollten. Irgendwie habe ich meinen Zug dann doch noch pünktlich erreicht. Wir haben uns bereits geschrieben, dass wir uns nochmal sehen werden. Abschließend möchte ich mich noch einmal bei Tom für den schönen Tag bedanken.

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